Neue Güterzugverbindung nach Norwegen: Pilotprojekt von DB Cargo Scandinavia

Neue Güterzugverbindung nach Norwegen: Pilotprojekt von DB Cargo Scandinavia

Premiere zum Hafen Hirtshals: Pilotfahrt zeigt Machbarkeit einer neuen Intermodalverbindung nach Norwegen.

Am 2. Mai 2024 hat DB Cargo Scandinavia gemeinsam mit dänischen Partnern einen ersten Güterzug zum Hafen Hirtshals gefahren. Die neue Bahnverbindung zwischen Norwegen und Kontinentaleuropa eröffnet neue klimafreundliche Verbindungen für den Intermodalverkehr sowie Wasserstoff- und CO2-Transporte. Richtig los geht es ab Anfang 2025.

Testfahrt erfolgreich abgeschlossen, Potential eindrucksvoll bewiesen

Bereits seit 2015 existiert am Hafen Hirtshals ein Intermodalterminal, perfekt gelegen für den Anschluss an die Fährlinien nach Norwegen, Island und die Färöerinseln. Bislang wird Hirtshals trotz dieses Potenzials noch nicht vom Schienengüterverkehr bedient, doch dies soll sich 2025 ändern. Der erste Schritt wurde durch die erste Testfahrt nun gemacht, an dem bereits potenzielle Kunden einen intermodalen Zug zwischen dem DB-eigenen Intermodalterminal Taulov und Hirtshals fahren ließen. Dabei wurden die Potenziale des Korridors praktisch bewiesen und die Abläufe mit potenziellen Kunden getestet. Das Pilotprojekt wurde von DB Cargo Scandinavia, den Häfen Hirtshals, Kristiansand und Larvik, der norwegischen Güterbahn CargoNet, dem Eisenbahnunternehmen Nordjyske Jernbaner sowie dem Netzwerk Green Jutland Corridor durchgeführt. An der Premiere nahmen über 100 geladene Gäste teil – potenzielle Kunden, politische Entscheider aus Dänemark und Norwegen sowie weitere Organisationen aus der Branche.

Auf dem Intermodalterminal Hirtshals stehen Personen auf einer Veranstaltung zusammen

Zufriedene Gesichter nach der Pilotfahrt am Intermodalterminal Hirtshals

Welche Vorteile hat die Verbindung via Hirtshals?
  • Schnelle Verbindung nach Südnorwegen: Als Transportzeit von Duisburg nach Hirtshals sind rund 20 Stunden Transportzeit avisiert. Im Vergleich zum bisher genutzten Korridor über den Landweg via Schweden und gegenüber dem Lkw kann sich diese Transportzeit behaupten.
  • Entlastung der Straße: Täglich sind mehr als 500 Lkw auf der jütländischen Nord-Süd-Verbindung in Dänemark nach Hirtshals unterwegs – da sind Staus natürlich vorprogrammiert. Rund 20 Prozent der Lkw sind heute schon kranbar und können somit direkt auf die Schiene verlagert werden. Das wäre eine deutliche Entlastung auf dem Korridor.
  • Wettbewerbsfähiges Preisniveau: Die Verbindung von Hirtshals nach beispielsweise Hannover-Lehrte oder Duisburg wird für Versender und Spediteure zu einem wettbewerbsfähigen Produkt gegenüber der Straße.
  • Aktiver Klimaschutz mit jedem Trailer: Im Vergleich zum Lkw spart bereits ein Trailer auf einem Güterzug 1.600 kg CO2 auf der Strecke Duisburg-Hirtshals (800 km) ein. Sowohl für nachhaltige Lieferketten für die Industrie als auch für den ökologischen Fußabdruck von Endkonsumenten ist Schienengüterverkehr von zentraler Bedeutung. Rund 40.000 Lkw pro Jahr auf der Route können schon jetzt auf die Schiene verlagert werden, was zu einer Reduzierung von bis zu 64.000 Tonnen CO2 führen könnte.

Direkte Schienenverbindung für den Intermodalverkehr nach Norwegen

Der Korridor ist besonders für den intermodalen Verkehr aus Europa mit Ziel in Norwegen interessant. Dafür spricht auch die ideale Lage des Intermodalterminals Hirtshals in unmittelbarer Nähe zum Fährhafen: Per Zugmaschine werden die vom Zug entladenen Trailer direkt zur Fähre gefahren. Die Überfahrt nach Kristiansand, Larvik und Stavanger über den Skagerrak dauert je rund vier Stunden. In Norwegen besteht Anschluss an unterschiedliche Routen in Norwegen, unter anderem in Richtung Oslo, Narvik oder Trondheim. 

Für den Streckenabschnitt bis Hirtshals ist DB Cargo Scandinavia zuständig, in Kristiansand übernimmt CargoNet den weiteren Transport. Das norwegische Unternehmen bietet dabei direkte Fahrten zu zwölf norwegischen Terminals an.

3 Fragen an Alexander Wehnert

Alexander Wehnert ist Manager Geschäftsentwicklung bei DB Cargo Scandinavia und Projektleiter der Hirtshals-Verbindung. Wehnert ist in der Logistikbranche eng vernetzt, spricht fließend Dänisch und neuerdings immer öfter Norwegisch. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Logistikwünsche der Unternehmen mit dem Betrieb der Güterzuge in Einklang zu bringen und gewinnbringend für beide Seiten zu verknüpfen.

Herr Wehnert, was erwarten Sie sich von der Verbindung nach Hirtshals und der optimierten Anbindung an Norwegen für den Schienengüterverkehr?

AW_ Wir machen möglich, was lange als Potenzial diskutiert wurde. Ganz gleich, ob für die produzierende Industrie oder immer umweltbewusstere Endverbraucher:innen, mit uns gibt es nun die Möglichkeit, Norwegen per Güterzug direkt mit Kontinentaleuropa zu verbinden. Jetzt geht es darum, mit interessierten Kunden eine stabile Partnerschaft aufzubauen.

Was ist das Besondere an der absolvierten Testfahrt zwischen Taulov und Hirtshals?

AW_ Die Testfahrt hat gezeigt, dass wir diese Verbindung produzieren können: Ein gefahrener Güterzug ist schließlich besser als lange, theoretische Analysen und Präsentationen. Wir haben vor Ort demonstriert, dass der Zug pünktlich ankommt, wie die Trailer beladen werden und wie die Logistik zur Hafenkante beziehungsweise zum Fährkai funktioniert. Das war auch spannend für die anwesenden Politiker und Logistikunternehmen, die den Schienengüterverkehr noch besser kennenlernen wollen. Wichtig ist mir auch zu betonen, dass dieses Projekt nur dank enger Zusammenarbeit mit dem Hafen Hirtshals, der Nordjütländischen Eisenbahn und zahlreichen weiteren lokalen Partnern realisiert werden konnte. Gute Logistik ist gutes Teamwork!

Wann wird es richtig losgehen?

AW_ Geplant ist ein Start zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024. Wir sind derzeit im Dialog mit verschiedenen Partnern, die ihre Logistik nach Norwegen über Hirtshals durchführen und auf die Schiene verlagern wollen. Klar ist aber: Die Bahn ist bereit.

Am Rangierbahnhof Hirtshals wird ein Trailer vom Lkw auf einen Güterzug umgeladen, im Hintergrund ist der Fährhafen sichtbar.

Vorne das Intermodalterminal, hinten der Hafen: eine perfekte Symbiose

Hirtshals mit ehrgeizigem Beitrag zur Dekarbonisierung

Neben der Rolle als Dänemarks nördlichstes Güterbahnterminal bietet Hirtshals jedoch noch einiges mehr, vor allem für die Energiewende. Denn am Hafen Hirtshals wird derzeit der „Greenport Scandinavia“ entwickelt, eine Drehscheibe für CO2-Emissionen der europäischen Industrie. Ab 2025 ist der Transport von verflüssigtem CO2 nach Hirtshals möglich, wo er zwischengespeichert und anschließend zur Speicherstätte in der Nordsee transportiert wird. Gemeinsam mit DB Cargo BTT werden bereits intensiv Logistiklösungen für Kunden entwickelt, die den CO2-Transport per Schiene nutzen. Auch in die andere Richtung kann der Korridor für den Klimaschutz genutzt und grüner Wasserstoff per Tankwagen und Tankcontainern aus Norwegen nach Europa transportiert werden. 

Die Voraussetzung ist für beide Projekte natürlich, dass die Güterbahn bis nach Hirtshals fährt. So wird das kleine dänische Hafenstädtchen Hirtshals zu einem wichtigen Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel.